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Akute Niereninsuffizienz (Nierenversagen)

Akute Niereninsuffizienz (Nierenversagen)

Akutes Nierenversagen ist ein lebensbedrohlicher Notfall, der schnellstmögliche Therapie erfordert....

by Kaz Liste A

Akutes Nierenversagen ist ein lebensbedrohlicher Notfall, der schnellstmögliche Therapie erfordert. Lesen Sie, welche lebenswichtigen Funktionen unsere Nieren erfüllen und welche Symptome auf ein Nierenversagen hindeuten. Außerdem erfahren Sie alles Wichtige über Diagnose, Therapie und Vorbeugung von akutem Nierenversagen.

Synonyme

Akute Niereninsuffizienz, Akutes Nierenversagen, ANV

Definition

Wenn die Nieren ihre Arbeit nicht mehr oder nur noch sehr unvollständig erfüllen, sprechen Mediziner vom Nierenversagen. Unterschieden werden dabei zwei Verlaufsformen: das akute Nierenversagen (ANV) und die chronische Niereninsuffizienz (CNI). Das akute Nierenversagen entwickelt sich innerhalb von Stunden bis Tagen und heilt nach Beseitigung der Ursache in der Regel folgenlos ab. Bei der chronischen Niereninsuffizienz schreitet die Erkrankung über Monate bis Jahre langsam fort und führt unbehandelt zum Tod.

Funktion der Nieren

Gesunde Menschen haben zwei Nieren, links und rechts jeweils eine. Beide Nieren erfüllen im Körper wichtige Aufgaben:

Ausscheidung von Stoffwechselendprodukten (sogenannte harnpflichtige Substanzen) und MedikamentenKonstanthaltung des WasserhaushaltsRegulierung des Elektrolyt-HaushaltsAufrechterhaltung des Säure-Basen-HaushaltsBildung von Hormonen (wie das Erythropoetin und Renin)Umwandlung von inaktivem in aktives Vitamin DBlutdruckregulation.

Die Nieren als Ausscheidungsorgan

Täglich durchströmen die Nieren rund 1500 Liter Blut. Pro Tag scheiden sie etwa eineinhalb Liter Urin aus, der aus dem Blut abfiltriert wird. Das Blut fließt dabei durch spezielle Filtersysteme (Nephrone). Eine gesunde Niere enthält etwa 1 Million solcher Nephrone. In diesen Filtern werden Stoffe, die der Körper nicht mehr benötigt, sozusagen aus dem Blut gesiebt (sogenannte harnpflichtige Substanzen). Wenn die harnpflichtigen Substanzen im Blut verbleiben, vergiften sie den Körper. Andererseits halten die Nephrone aber auch wichtige Stoffe im Körper zurück. Dazu gehören vor allem Eiweiße und Elektrolyte.

Symptome

Die Symptome bei akutem Nierenversagen sind unterschiedlich. Hauptsymptom ist in jedem Fall aber die deutlich verminderte Urinmenge, die ausgeschieden wird. Manchmal kann gar kein Wasser mehr gelassen werden. Im Zuge der abnehmenden Harnproduktion steigt die Überwässerung des Körpers. Folge sind beispielsweise Wasseransammlungen in den Beinen (Ödeme) und in der Lunge (Lungenödem). Weiterhin können lebensbedrohliche Elektrolytstörungen (zum Beispiel erhöhte Blut-Kalium-Konzentrationen) und eine lebensgefährliche Übersäuerung (Azidose) auftreten. Diese machen sich z. B. in Form von Herzrhythmusstörungen, Übelkeit und Erbrechen sowie rascher Ermüdbarkeit bemerkbar. Sammelt sich Flüssigkeit im Gehirn an, kann sich das Verhalten der Patienten ändern. Hinweisgebend sind dann psychische Auffälligkeiten wie übermäßige Müdigkeit, Teilnahmslosigkeit bis hin zu Bewusstseinsstörungen.

Ursachen

Die Ursachen des akuten Nierenversagens unterteilen Mediziner wie folgt:

Prärenales ANV: In maximal 60 Prozent der Fälle liegt die Ursache des Nierenversagens vor der Niere (also prä-renal). Häufig ist das eine plötzlich stark verminderte Durchblutung der Nieren, beispielsweise durch Kreislaufschock bei Unfällen oder Operationen, durch Blutgerinnsel in den Nierenarterien oder aufgrund von Medikamenten-Nebenwirkungen.Intrarenales bzw. renales ANV: Hier liegt die Ursache in der Niere selbst (also intra-renal). Auslöser sind geschädigte Nierenkanälchen durch lang dauernden Sauerstoffmangel, eine Schädigung durch Medikamente oder Kontrastmittel sowie selten durch eine schwere Entzündung der Nierenfunktionskörperchen (sogenannte Glomerulonephritis).Postrenales ANV: Die Ursache ist eine Abflussbehinderung des Urins hinter der Niere (also post-renal). Den Urinabfluss behindern vor allem eine vergrößerte Prostata, Nieren-, Blasen- oder Harnwegssteine, Entzündungen oder Tumore.

Untersuchung

Zur Diagnose von akutem Nierenversagen muss vom Arzt zunächst geklärt werden, ob es sich um ein akutes Nierenversagen oder eine chronische Niereninsuffizienz handelt. Das ANV ist einfacher zu erkennen: Die ausbleibende Urinproduktion gibt schnell den entscheidenden Hinweis.

Weitere Diagnose-Methoden sind Anamnese (also Befragung des Patienten), die körperliche Untersuchung mit Abhorchen von Herz und Lunge sowie Laboruntersuchungen. Im Blut werden insbesondere die harnpflichtigen Substanzen wie Kreatinin und Harnstoff ermittelt. Bei der Urin-Untersuchung helfen zunächst Teststreifen. Die erfassen Eiweiße, rote und weiße Blutkörperchen, Nitrit als Hinweis für einen Harnwegsinfekt, den Urin-pH-Wert, Glukose, Ketonkörper und Gallenfarbstoffe. Anschließend folgt eine Untersuchung des Urins im Labor.

Als bildgebende Verfahren werden Ultraschall (Sonografie) und eine Farbdoppler-Sonografie der Nieren sowie Röntgenbilder von Brustkorb mit Herz und Lunge gemacht. Bei entzündlicher Ursache folgt mitunter eine Nierenbiopsie. Bei dieser Untersuchung wird bei einem endoskopischen Eingriff eine Gewebeprobe aus der Niere entnommen.

Behandlung

Die Therapie von akutem Nierenversagen richtet sich vor allem nach der Ursache. Dazu gehören vor allem die folgenden Schritte:

Flüssigkeitsmangel ausgleichen (notfalls über Infusionen)niedrigen Blutdruck anheben (gegebenenfalls medikamentös)Medikamente (wie Antibiotika, Schmerzmittel und Röntgenkontrastmittel), die zu einem akuten Nierenversagen geführt haben, absetzen bzw. umstellenUrinabflussbehinderungen (zum Beispiel Blasen- bzw. Harnröhrensteine, vergrößerte Prostata, Tumoren) operativ beseitigen.

Medikamentöse Therapie

Ihr Arzt kann bei akutem Nierenversagen versuchen, die Ausscheidungsfunktion durch Medikamente wieder anzuregen. Dafür werden in erster Linie sogenannte Schleifendiuretika wie Furosemid, Piretanid und Torasemid verabreicht. Alternativ kommen auch Entwässerungsmittel vom Thiazidtyp wie Hydrochlorothiazid und Xipamid oder kaliumsparende Wirkstoffe wie Spironolacton infrage.

Dialyse

Gelingt es nicht, die Nierenfunktion medikamentös wieder anzuregen, muss die Phase bis zur selbstständigen Urinproduktion der Nieren mit einem Nierenersatzverfahren (Dialyse) überbrückt werden.

Transplantation

Manchmal reichen medikamentöse Therapie und Dialyse nicht aus, um die Nierenfunktion wieder in ausreichendem Maß herzustellen bzw. zu ersetzen. In diesen seltenen Fällen kann eine Nierentransplantation notwendig werden.

Prognose

Die Heilungsaussichten sind sehr gut, wenn die Ursache für das akute Nierenversagen nicht in der Niere selbst liegt. Das ist bei prärenalen und postrenalen Niereninsuffizienzen der Fall.

Intrarenale akute Niereninsuffizienzen sind deutlich weniger gut therapierbar, da bei dieser Form mehr oder weniger Nierengewebe in unterschiedlichem Ausmaß und unwiederbringbar verloren gegangen ist. Akute intrarenale Formen münden oft in chronische Niereninsuffizienz. Zudem ist die Komplikationsrate (Dialysepflicht) deutlich höher.

In sehr vielen Fällen sind schwere Erkrankungen, Unfälle oder Vergiftungen (auch durch Medikamente) die Ursache für akutes Nierenversagen. In diesen Fällen überleben bis zu 50 Prozent der Betroffenen nicht. Hauptursache dafür ist aber nicht das Nierenversagen, sondern der Umstand, der dieses Versagen herbeigeführt hat.

Vorbeugung

Viele freiverkäufliche Medikamente können die Nieren schädigen und zu einem akuten Nierenversagen führen. Beispiele dafür sind beliebte freiverkäufliche Medikamente wie die Schmerzmittel Diclofenac, Ibuprofen und Paracetamol oder Magensäurehemmer aus der Gruppe der Protonenpumpenhemmer. Deshalb sollten Sie insbesondere Schmerzmittel nicht länger als empfohlen einnehmen. Prinzipiell ist es empfehlenswert, jede längere Anwendung von Medikamenten mit einem Arzt abzustimmen.

Magensäureblocker bergen Risiken

Protonenpumpenhemmer wie Esomeprazol, Lansoprazol, Omeprazol, Pantoprazol und Rabeprazol zählen zu den meistverkauften Medikamenten in Deutschland. Nach Angaben des Arzneimittelreports der Barmer Krankenkasse bekamen 2018 fast 12 Millionen Deutsche Protonenpumpenhemmer verordnet. Darüber hinaus sind die Wirkstoffe Omeprazol, Pantoprazol oder Esomeprazol auch frei verkäuflich. In der öffentlichen Wahrnehmung gelten Magensäureblocker aus der Wirkstoffgruppe der Protonenpumpenhemmer als einfaches und sicheres Medikament. Dabei bleiben allerdings 2 Aspekte außen vor: die Nebenwirkungen und der Umstand, dass Protonenpumpenhemmer abhängig machen können.

Nierenschäden als Nebenwirkung

Zu den häufigsten Nebenwirkungen von Protonenpumpenhemmern zählen Knochenschwund (Osteoporose) und Magnesiummangel mit einem erhöhten Risiko für Herzrhythmusstörungen und Krampfanfälle. Diese Nebenwirkungen sind mittlerweile durch eine ganze Reihe von Studien belegt. Noch schwerer wiegt mitunter, dass die Medikamente den natürlichen Regelkreislauf der Magensäureproduktion dauerhaft aus dem Takt bringen. Nach längerer Einnahme bleiben zwischen 14 bis 64 Prozent der Patienten dauerhaft auf die Medikamente angewiesen.

Zusammenhang von Protonenpumpenhemmern und Allergien möglich

Möglicherweise erhöhen Protonenpumpenhemmer das Risiko für allergische Erkrankungen. Wissenschaftler der Universität Wien veröffentlichten inm Fachmagazin "Nature Communications" (August 2019) eine Studie (siehe Quellen), die zumindest einen auffälligen statistischen Zusammenhang zwischen der langfristigen Einnahme von Protonenpumpenhemmern und allergischen Erkrankungen herstellt. Die Wissenschaftler hatten Daten österreichischer Krankenversicherungen ausgewertet. Dabei fanden sie heraus, dass die Wahrscheinlichkeit für die Verschreibung von antiallergischen Medikamenten um bis zu 300 Prozent steigt, wenn zuvor Magensäureblocker verschrieben worden waren. Das bedeutet nicht zwingend, dass Protonenpumpenhemmer tatsächlich Allergien auslösen oder begünstigen. Der Zusammenhang ist nach Einschätzung der Studienautoren aber nicht von der Hand zu weisen und lege nahe, Magensäureblocker nur sehr dosiert einzusetzen.

Anders bewertet die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten das Studienergebnis. Die Fachgesellschaft sieht laut Pressemitteilung keinen „evidenten Zusammenhang zwischen Magensäureblockern und Allergien". Eine entsprechende Bewertung gebe das Design der österreichischen Studie nicht her.

Studienlage

Studie zu Protonenpumpenhemmern und Allergie: Country-wide medical records infer increased allergy risk of gastric acid inhibition: https://www.nature.com/articles/s41467-019-10914-6

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